Von Gaby Westerkamp
Pilze sind ein beliebtes und bekanntes Motiv vieler Naturfotografen. Doch so, wie Jan Vermeer sie in seinem neuen „Wonderland“-Projekt in Szene setzt, das erstaunte und begeisterte Publikum und war ein Highlight im Programm der Stapelfelder Fototage 2024 in der Katholischen Akademie. Auch weil der Niederländer kein „dröger“ Referent ist, sondern seine bildgewaltigen Vorträge „lebt“ – mit Leidenschaft, beeindruckender Kompetenz und viel Humor.
Nach seinem Umzug nach Hoenderloo entdeckte er 2019 in seinem neuen Garten Fliegenpilze. Und im nahen Wald direkt dahinter noch viele andere von insgesamt fast 6000 Pilzarten, die es in den Niederlanden gibt. Für Vermeer eine fast unerschöpflicher Fundus an faszinierenden Motiven, vor allem im extremen Makrobereich und mit der Kamera ganz tief am Boden: Eine Pracht in schillernden Farben und kuriosen Formen, mit verblüffenden Strukturen und feinsten Details. Und dazu gab es vom Profi noch viele Making-Of-Einblicke und Tipps für die Arbeit mit Makroobjektiven und Stacking-Software.
Insgesamt standen wieder acht Multivisions-Vorträge renommierter Naturfotografen auf dem dreitägigen Programm des Festivals, das einmal mehr mit über 200 Gästen ausgebucht war. Ira Hilger zeigte heimische Pflanzen in „zauberhaften“ Portraits. Auch Dr. Katja Manski richtet ihren Blick nicht auf Tiere, sondern auf florale Naturmotive, die sie im Spiel von Licht und Mustern festhält – ein bewusst „weiblicher Blick“ der Naturfotografie.
Dr. Harald Gorr spielte in seinem Wasserläufer-Bildern mit der Wahrnehmung des menschlichen Auges und Michael Radloff erzählte Spannendes über die Europäische Wildkatze und wie er ihr mit Fotofallen auf die Spur kam. Jörg Stemmler war im Mansfelder Land unterwegs und zeigte die Vielfalt der Flora und Fauna in seiner Heimat, ebenso wie Gastgeber Willi Rolfes, der die Biotope der Ahlhorner Fischteiche präsentierte und damit auch für den Schutz der Natur in unserer Region warb.
Wenn Sandra Westermann kleine Dinge in den Fokus rückt, vermeintlich Unscheinbares vor der Kamera aufleben lässt und Details zu Protagonisten macht, dann geht es ihr nicht um wissenschaftliche Dokumentation, sondern um das Bildgefühl. Sie erlaubt sich bewusst Verfremdungen, künstlerische Lichtspiele, malerische Effekte, unperfekte Schärfen und andere technische Finessen bei Aufnahme und Nachbearbeitung – für „Bilder, die nicht jeder macht“. Mit Licht- und Farbakzenten konzentriert sie vor häufig dunklem Hintergrund den Blick auf das Wesentliche. So schaffen die vom Morgenrot indirekt beleuchteten Baumstämme eine einzigartige Stimmung und das Schilf am Seeufer kommt erst im Bokeh-Rahmen sonnenbeschienener Weidenkätzchen so richtig zur Geltung.
Mit „Let's have a party“ und anderen Rock-Evergreens untermalte Jürgen Eickmann den Frühjahrstanz und andere Szene aus dem Lebenszyklus der Wildbienen, über die wohl kaum jemand so viel weiß, wie der „Mutmacher“, der alle Gartenbesitzer aufruft, sich mit bienenfreundlichen Pflanzen für den Schutz der Tiere stark zu machen. Seinen eigenen Garten hat er vor rund sieben Jahren umgestaltet und findet hier jetzt ein Fotorevier mit unzähligen Bienen-Motiven.
Wie immer hatten die Teilnehmenden in vertiefenden „Nachgefragt“-Runden die Gelegenheit, von den Profis Tipps und Insider-Wissen zu bekommen. Zwei große dreistündige Workshops waren diesmal schon am Freitagnachmittag vorgeschaltet worden. Zum Einen gab Martin Breutmann, Gründer der Zeitschrift fotoforum, Einblicke in
die Geschichte der Naturfotografie und Anregungen, wie auch Hobbyfotografen mit ihren Bildern zum Schutz der Natur beitragen können. Gefragt war auch der Workshop mit Software-Entwickler Christoph Hilder, der das Programm „Wings X“ der Firma Stumpfl vorstellte und zeigt, wie man damit Präsentationen erstellen kann.
Dazu gab es wie immer einen kleinen Bücher- und Fotomarkt sowie eine Ausstellung mit großformatigen Fotoaufnahmen: Wilfried Dunckel ist „Am Meer“ zu Hause und unter zeigt diesem Titel ist einen Querschitt seiner Motiv-Vielfalt im Foyer und in den Fluren der Akademie. „Das Flüssige festhalten“, das ist nicht nur eine Aufgabe für Fotografen. Auch in der bildenden Kunst ist das Wasser seit jeher ein spannendes Thema. Und das „nicht nur in alten Ölschinken“ schmunzelte Dr. Alexander Linke, Kunsthistoriker der Akademie, in seinem einführenden Vortag. Wellen und Brandung, Gischt und Neben, Eis und Dampf: Quer durch die Kunstgeschichte „fahndete“ Linke nach Motiv-Parallelen zwischen Dunkels Fotos und Gemälden bekannter Maler – und wurde in verblüffender Weise fündig bei da Vinci, Monet und vielen anderen Künstlern. Die Fotoausstellung ist noch bis Ende April in Stapelfeld zu sehen.